Die Legende von dem verzauberten Wald

von Amelie (11 Jahre)

Es war einmal vor sehr, sehr langer Zeit, eine dunkle Straße tief in dem Wald der Träume. Der Wald der Träume war ein ganz besonderer Wald, denn dieser Wald erfüllte den Herzenswunsch.

Jeder Mensch, der hineingegangen war, hatte seinen Wunsch erfüllt bekommen. Und wenn zwei beste Freundinnen hineingingen, wurden sie danach unzertrennlich.

Im Wald der Träume gab es eine lange Straße aus Gold, die schimmerte durch den ganzen Wald und erhellte ihn. Wer über diese Straße ging, der wurde sehr alt, beinahe unsterblich. Auch ich bin einmal durch den Wald der Träume und über die Straße aus Gold gegangen. Und ich schwöre euch, mein Herzenswunsch hat sich erfüllt. Ich war zu der Zeit sehr verliebt und zwei Wochen nach meinem Ausflug gestand mir mein Schwarm seine Liebe. Ich will euch erzählen, wie mein Ausflug in den Wald der Träume verlief.

 

Ich startete mitten in der Nacht. Gegen vier Uhr morgens verließ ich das Haus. Der Wind heulte und ich fror. Also begann ich zu rennen. Ich hatte Gegenwind und kam nicht schnell voran. Doch wie durch ein Wunder ließ der Wind urplötzlich nach. Den Rest des Weges ging ich und als ich im Wald angekommen war, sah ich den goldenen Schimmer der Straße.

 

Ich betrat die Straße und ging sie entlang, in den Wald hinein. Über mir wisperten die Bäume und neben mir saß ein wunderschöner Schmetterling. Er hatte große Flügel mit bunten Sprenkeln. Sein Körper war aus glänzendem Silber. Er begleitete mich, bis ich an einen großen Baum kam. Dort flog er weg. Aus dem Baum sah ich eine Strickleiter hängen, die ich hochkletterte. Oben angekommen entdeckte ich eine kleine Kiste aus Gold, mit vielen kleinen Edelsteinen besetzt. Als ich sie öffnete, sah ich ein Bild. Nur ein Bild, nichts weiter. Auf dem Bild war jemand abgebildet. Ich war es. Wie kam ein Bild von mir in diese Kiste im Wald der Träume?

 

Ich überlegte lange. Und als ich mich zurücklehnen wollte, hatte ich eine Idee. Was, wenn das überhaupt nicht ich war? Wann hatte ich mich das letzte Mal im Spiegel angeguckt? Ich wusste es nicht, aber es war wahrscheinlich sehr lange her. ,,Tatsache ist, dass hier nun mal ein Bild von dir ist, wieso, weiß ich auch nicht.“, hörte ich plötzlich eine leise Stimme sagen. Wer hatte da geredet?

 

Ich sah mich um und entdeckte zwischen zwei dicken Ästen ein kleines Geschöpf, etwa so groß wie meine Hand. Als ich genauer hinsah, merkte ich, dass es eine kleine Traumelfe war. Sie war schlank und fast durchsichtig, wie milchiges Glas. Ich beugte mich vor und wollte mich an einem Ast abstützen, doch ich griff ins Leere. Ich blickte erschrocken nach unten und sah, dass ich schwebte. Gut zehn Meter hoch inzwischen. ,,Warum schwebe ich?“, fragte ich die Traumelfe. Sie antwortete: ,,Weil du dich gerade vollkommen auf dich konzentriert hast. Du hast dir die Box mit deinem Bild darin angeguckt und warst so versunken, dass du abgehoben bist.“

 

,,Und... wie lange kann ich jetzt fliegen?“, fragte ich ein wenig verwirrt. ,,So lange wie du willst. Diese Fähigkeit hast du jetzt für immer.“, beantwortete die Elfe meine Frage. ,,Und solange du lebst, will ich deine Begleiterin sein. Ich heiße Marlina.“, fügte sie hinzu. Langsam gewöhnte ich mein Gehirn an den Gedanken, fliegen zu können. ,,Ach ja, was ich noch fragen wollte: Wie erfülle ich mir jetzt meinen Wunsch?“, fragte ich. ,,Du musst ganz fest daran denken. Dann flüsterst du den Wunsch in die goldene Wunschkiste. Die Traumsteine, mit denen die Kiste geschmückt ist, werden deinen Traum erfüllen.“, erklärte Marlina sanft. ,,Danke, Marlina. Richtig toll, ich habe eine Traumelfe als Freundin!“ Dann tat ich wie mir geheißen. Ich flüsterte meinen Wunsch in die Kiste und schloss für einen kurzen, magischen Moment die Augen. Als ich sie wieder öffnete, war die Kiste verschwunden und dort, wo sie vorher gestanden hatte, war nur noch eine kleine kupferne Flasche, gefüllt mit goldenem Staub. ,,Das ist Wunschstaub. Mit dem kannst du deinen Freunden, deiner Familie und dir Wünsche erfüllen. Probiere es doch einmal aus. Du hast doch sicher gerade einen Wunsch. Nimm ein bisschen Staub zwischen die Finger und blase ihn weg. Und dann wünsch dir was!“, erklärte Marlina. Ich probierte es aus. Ich nahm eine Prise Staub zwischen Daumen und Zeigefinger und als ich es wegpustete, wünschte ich mir: ,,Wenn ich fliege, will ich Flügel haben, in schillernden Regenbogenfarben. Groß, wie die eines Schmetterlings sollen sie sein.“ Ich sah mir meinen Rücken an. Ich bekam Flügel! Ich stieß mich jauchzend vom Boden ab und flog in die gerade aufgehende Morgensonne hinein.

 

Das war mein Ausflug in den Wald der Träume. Zwei Wochen später sagte mein Schwarm zu mir: ,,Ich mag dich gerne.“ Und so erfuhr auch ich, dass die Magie des Waldes geholfen hatte. Und Marlina? Der wünschte ich mit meinem Wunschstaub, dass sie auch die große liebe finden würde und drei Tage später flog ein junger Elfenmann vorbei. Die beiden verliebten sich und fünf Monate später hatte ich zuhause in meinem Schrank eine ganze Elfenfamilie wohnen.

 

Den Wald besuchte ich auch fast täglich und holte mir dort von den wispernden Bäumen, die ich jetzt, nach dem ich es mir gewünscht hatte, verstand. Die Bäume flüsterten mir Ratschläge zu, die ich gewissenhaft befolgte- und in jedem einzelnen Fall hatten die Bäume Recht. Und da soll mir mal jemand sagen, dass Bäume nicht intelligent sind. Mal sehen- vielleicht erlebe ich ja noch mal ein Abenteuer. Und wenn es so weit ist, dann will ich es euch gerne erzählen.

 

Und hier geht's zu Teil 2: Die Legende von dem verzauberten Haus.